Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ist eine Richtlinie (EU) 2019/882, die den European Accessibility Act (EAA) in deutsches Recht umsetzt. Es verpflichtet Unternehmen, ihre digitalen Angebote (wie Webseiten, Onlineshops und Apps) für Menschen mit Einschränkungen oder Behinderungen zugänglich zu machen. Für Websitebetreiber und Unternehmen hat dies erhebliche Auswirkungen, denn es ist wichtig, sich frühzeitig mit den Änderungen auseinanderzusetzen, um gesetzeskonform zu handeln und mögliche Strafen zu vermeiden.
Das Ziel des Gesetzes ist es, Menschen mit Einschränkungen oder Behinderungen einen gleichberechtigten Zugang zu ermöglichen und so die digitale Inklusion zu fördern.
In diesem Artikel klären wir die zentralen Fragen zum BFSG: Was bedeutet das Gesetz für Websitebetreiber? Warum wurde es eingeführt? Für wen gilt das BFSG und welche Konsequenzen drohen bei Nichteinhaltung?
Was versteht man unter Barrierefreiheit?
Barrierefreiheit bedeutet, dass digitale Inhalte für alle Menschen zugänglich sind, unabhängig von Einschränkungen. Dies umfasst Anpassungen, die notwendig sind, damit Menschen mit Behinderungen die gleichen Möglichkeiten haben, Webseiten und Apps zu nutzen.
Laut Statistischem Bundesamt lebten Ende 2023 etwa 7,9 Millionen Menschen mit einer schweren Behinderung in Deutschland, das entspricht etwa 9,3% der Gesamtbevölkerung. Der Grad einer Behinderung (GdB) wird in Zehnerschritten von 20 bis 100 bewertet. Ab einem GdB von 50 gilt eine Person als schwerbehindert. Dies betrifft beispielsweise Menschen mit erheblichen körperlichen Einschränkungen, starker Sehschwäche oder Hörverlust. Barrierefreiheit spielt für diese Menschen eine enorm wichtige Rolle, da sie ihnen den Alltag erleichtert und die Möglichkeit bietet digitale Angebote zu nutzen.
Daher ist es unverlässlich Barrierefreiheit für diese Bevölkerungsgruppe zu gewährleisten, um Inklusion und gleichberechtigten Zugang zu gewährleisten. Auch Menschen mit weniger schwerwiegenden Behinderungen (was ebenfalls über 2,8 Millionen Menschen sind) und ältere Personen profitieren von barrierefreien Inhalten, wie z. B. anpassbare Schriftgröße oder hohe Farbkontraste.
Barrierefreiheit lässt sich in verschiedene Bereiche unterteilen, dazu gehören z. B.:
- Visuelle Barrierefreiheit: Webseiten sollten so gestaltet sein, dass sie auch von Menschen mit Sehbehinderungen oder Farbenblindheit genutzt werden können. Dazu gehört die Möglichkeit Schriftgrößen und Kontrast anzupassen, sowie die Bereitstellung von Alternativtexten für Bilder.
- Motorische Barrierefreiheit: Jede Webseite sollte ohne Maus, allein durch die Tastatur, navigierbar sein, damit auch Menschen mit motorischen Einschränkungen Zugang zu allen Bereichen haben.
- Hörbare Barrierefreiheit: Für gehörlose oder schwerhörige Menschen sollten audiovisuelle Inhalte, z. B. Videos, mit Untertiteln oder Transkripten versehen werden, damit alle Informationen erfasst werden können.
- Kognitive Barrierefreiheit: Informationen sollten klar strukturiert und leicht verständlich sein, um auch Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen den Zugang zu erleichtern.
Was bedeutet das BFSG für Websitebetreiber?
Für dich als Websitebetreiber bedeutet das BFSG, dass du deine Website bis spätestens Juni 2025 barrierefrei gestalten musst. Das klingt vielleicht kompliziert, aber es geht darum sicherzustellen, dass deine Seite von jedem problemlos genutzt werden kann. Zur Optimierung der Barrierefreiheit gehören Maßnahmen wie:
- Gut lesbare Schriftgrößen
- Hohe Farbkontraste
- Alternativtexte für Bilder, damit auch sehbehinderte Menschen deine Bilder verstehen können
- Tastaturnavigation, falls jemand die Maus nicht benutzen kann
- Untertitel für Videos für gehörlose oder schwerhörige Nutzer
Eine barrierefreie Website zu haben, ist aber nicht nur eine rechtliche Pflicht. Sie bietet dir auch zahlreiche Vorteile, denn barrierefreie Seiten werden i. d. R. besser in Suchmaschinen gefunden (SEO) und bieten eine bessere Nutzererfahrung für alle. Unterschätze zudem nicht die neue Zielgruppe, die nach den Änderungen, auf deine Inhalte zugreifen können. Hierbei handelt es sich um potenzielle 10,7 Millionen Menschen. Ist deine Website nicht barrierefrei kann somit mindestens jeder Achte in Deutschland deine Webseite nicht nutzen.
Warum wurde das BFSG eingeführt?
Der European Accessiblity Act (EAA) ist eine europaweite Richtlinie um Barrierefreiheit im Internet in Europa zu vereinheitlichen. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) setzt genau diese Richtlinie in deutsches Recht um. Dadurch soll gewährleistet werden, dass europaweit alle EU-Länder die gleichen gesetzlichen Bedingungen festlegen, damit Menschen mit Behinderungen überall den selben Zugang zu digitalen Inhalten und Dienstleistungen haben.
Für wen gilt das BFSG?
Auch wenn wir jedem Webseitenbetreiber dazu raten die eigene Website barrierefrei zu gestalten und so die Inklusion zu fördern, gilt das BFSG nicht für alle. Das BFSG gilt für alle Unternehmen, die digitale Produkte oder Dienstleistungen anbieten, darunter:
- Webseitenbetreiber, die sicherstellenmüssen, dass ihre Website barrierefrei ist.
- App-Entwickler, deren mobile Apps ebenfalls barrierefrei sein müssen.
- Telekommunikations- und Bankdienstleister, die Online-Angebote (wie Online-Banking) zugänglich machen müssen.
- Hardwarehersteller, die Geräte wie Smartphones, Computer oder auch Selbstbedienungsterminals barrierefrei gestalten müssen.
Gesetzlich sind Kleinstunternehmen, die Dienstleistungen anbieten von dem Gesetz befreit, wenn sie weniger als 10 Mitarbeiter und einen Umsatz von weniger als 2 Millionen Euro jährlich haben. Achtung: Kleinstunternehmen, die Produkte in den Umlauf bringen, müssen das BFSG einhalten.
Was passiert bei Nichteinhaltung des BFSG
Wenn das BFSG ignoriert oder nicht rechtzeitig umgesetzt wird, kann das ernste Konsequenzen haben. Die zuständigen Behörden haben das Recht, Produkte und Dienstleistungen vom Markt zu nehmen, wenn die Anforderungen an die Barrierefreiheit nicht erfüllt werden. Zusätzlich können sogar Rückrufe oder Verkaufsverbote verhängt werden und es drohen Bußgelder von bis zu 100.000 €.
Darüber hinaus riskierst du mit der Nichteinhaltung nicht nur rechtliche Strafen, sondern auch einen Reputationsverlust. Heutzutage achten immer mehr Verbraucher auf soziale Verantwortung und bevorzugen Unternehmen, die sich um Inklusion kümmern. Es lohnt sich also doppelt, frühzeitig die Anforderungen des BFSG umzusetzen.